André Wyss

André Wyss ist seit 2018 CEO von Implenia. Davor war er als Präsident Novartis Operations und Mitglied der Konzernleitung verantwortlich für die globale Produktion, die zentralen Konzerndienste wie Immobilien und Infrastruktur, IT, Einkauf, Personal- und Rechnungswesen sowie Corporate Affairs. Zudem war er Länderpräsident von Novartis Schweiz. Nach einer Chemikanten-Lehre bei Sandoz und einem Wirtschaftsstudium an der Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschule (HWV) hatte er bei Novartis verschiedene Führungsfunktionen, u.a. als Präsident Novartis USA sowie Geschäftsleiter weiterer Länder- und Regionalgesellschaften inne. Parallel dazu absolvierte er diverse Executive-Education-Module an der Harvard Business School.

«Integriert umgesetzt wird Digitalisierung zu einem Treiber der Wertschöpfung»

Welche Trends sehen Sie, wie sich die Unternehmensführung weiterentwickelt?
Am Beispiel von Implenia: Um international grosse, komplexe Immobilien- und Infrastrukturprojekte zu führen, wird es immer wichtiger, partnerschaftlich mit Kunden und vielen weiteren Beteiligten zusammenzuarbeiten. Bezüglich Unternehmensführung heisst das: fordernde, faire Ziele setzen, Vorbild sein, als Coach wirken sowie verschiedene Formen der Teamarbeit ermöglichen. Vertrauen und Wertschätzung fördern das eigenverantwortliche, unternehmerische Handeln.

Wie begegnen Sie den Trends Automatisierung, Digitalisierung und Arbeitswelten der Zukunft?
Mit neuen, digitalen Methoden in der Entwicklung, Planung und Realisation optimieren wir unsere Projekte. Digital Lean Construction und BIM (Building Information Modelling) spielen eine wichtige Rolle: Planung sowie auch Steuerung der Ausführung erfolgen zunehmend datenbasiert. Damit arbeiten wir effizienter, effektiver und nachhaltiger. Anwendungen der künstlichen Intelligenz und Robotics kommen immer mehr zum Einsatz und helfen beispielsweise, repetitive Tätigkeiten zu automatisieren. Für unsere Kunden planen und bauen wir auch immer wieder neue, moderne Arbeitswelten. In unserem Hauptsitz «Implenia Connect» arbeiten wir selbst in einer agilen, flexiblen Arbeitsumgebung, die unsere Zusammenarbeit intern, aber auch mit Kunden und Partnern optimal unterstützt.

Wie stellen Sie sicher, dass Technologisierung/Digitalisierung kein Expertenthema bleibt, sondern in der Wertschöpfung des Unternehmens verankert wird?
Indem wir die Digitalisierung integriert in den operativen Divisionen umsetzen. Digitalisierung wird so zu einem Treiber der Wertschöpfung. Die Bau- und Immobilienbranche war dabei lange nicht an vorderster Stelle. Da holen wir rasch auf und prägen als Implenia, wie künftig entwickelt, geplant und gebaut wird. Dank Digital Lean Construction, BIM und neu auch Integrated Project Delivery bauen wir für und mit unseren Kunden partnerschaftlicher, präziser, schneller und kostengünstiger.

Im Zuge der demografischen Entwicklung werden schon bald mehr Führungskräfte pensioniert, als nachfolgen werden. Wie gehen Sie in Ihrem Unternehmen mit dem drohenden Personalmangel um?
Bei Implenia können junge, engagierte Fachleute schnell Verantwortung übernehmen, ihre Ideen in innovative Projekte einbringen sowie von erfahrenen Kolleginnen und Kollegen lernen. Wir investieren in unsere Talente unterschiedlichen Alters mit gezielten Fach- sowie Führungsausbildungen und pflegen eine sehr offene sowie auch kollaborative Unternehmenskultur.

Die Baubranche gilt traditionell als männerdominiert. Wie sieht es bei Ihnen aus mit Frauen im Management?
Ein Viertel unserer Geschäftsleitungsmitglieder sind Frauen, und eine unserer vier Divisionen wird von einer Frau geleitet. Als Baudienstleister sind wir in einer Vielfalt von Berufsfeldern tätig – unter anderem arbeiten bei uns Kranführerinnen, Tunnelbohrmaschinen-Pilotinnen, Architektinnen oder Juristinnen. Mit unseren grossen, komplexen Projekten und guten Entwicklungsmöglichkeiten ziehen wir immer mehr hervorragende Kolleginnen aus unterschiedlichen Berufen an, die bei uns Karriere machen. Zudem offerieren wir wo immer möglich flexible Arbeitsmodelle, die es jungen Eltern – Vätern sowie Müttern – erlauben, Beruf und Familie besser zu vereinbaren.

Was sollten Wirtschaft, Politik und Gesellschaft unternehmen, damit die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Schweiz gestärkt wird?
Flexible Arbeitszeitmodelle sowie Betreuungsplätze für Kinder sind die Voraussetzung für eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Volkswirtschaftlich und aufgrund des Fachkräftemangels ist es wichtig, dass junge, gut ausgebildete Mitarbeitende auch während der Familienphase ins Arbeitsleben eingebunden bleiben.

Welche Botschaften haben Sie für Ihre Toptalente in Bezug auf deren Karriereplanung? Wie vermitteln Sie diese Botschaften im Alltag?
Junge Talente sollten ihrer Leidenschaft folgen und tun, wofür sie brennen – das bringt Erfolg und Spass bei der Arbeit. Strebt man eine Führungsposition an, ist es wichtig, in unterschiedlichen Bereichen, Teams und Ländern Erfahrung zu sammeln. Ich gebe diese Botschaften gerne gezielt in persönlichen Gesprächen weiter. Ich bin auch immer wieder Coach für meine Direct Reports oder bei Weiterbildungen für unsere Führungskräfte.

Wir sehen immer öfter, dass CEOs auch externe Verwaltungsratsmandate innehaben. Wie beurteilen Sie dies?
Grundsätzlich ist es sinnvoll, wenn CEOs ihre Fähigkeiten und Erfahrungen anderen Unternehmen im Rahmen von Verwaltungsratsmandaten zur Verfügung stellen. Sie erweitern damit ihr Netzwerk und erhalten neue Impulse für ihre Führungsarbeit.