Christoph Brand

Christoph Brand ist seit 1. Mai 2020 Chief Executive Officer (CEO) der Axpo-Gruppe und verfügt über einen Abschluss in Wirtschaft der Universität Bern. Zudem absolvierte er das Advanced Management Programme am INSEAD. Von 2012 bis 2020 war er in verschiedenen Funktionen bei der TX Group (vormals Tamedia), zuletzt als CEO von TX Markets, zu der u.a. die Unternehmen Ricardo, Tutti, Jobs und Homegate gehören. Zuvor war er als CEO des Softwarehauses Adcubum, CEO des Telekomunternehmens Sunrise, CEO bei Bluewin und in führenden Positionen bei Swisscom, zuletzt als Chief Strategy Officer und Mitglied der Konzernleitung, tätig. Christoph Brand ist Mitglied folgender Verwaltungsräte: CKW AG (Präsident), Scout24 AG. Zudem ist er Mitglied des Vorstands der gfm Schweizerische Gesellschaft für Marketing.

«Zu viel Karriereplanung verstellt den Blick auf unerwartete Chancen»

Welche Trends sehen Sie, wie sich die Unternehmensführung weiterentwickelt?
U.a. mehr Flexibilität, d.h. mehr Kontext-sensitive Führung. Sehr schnelllebige und innovative Unternehmensbereiche müssen anders geführt werden als stabile, hochstrukturierte Funktionen. Dann die weitere Akzentuierung des Spagats zwischen mehr Freiheitsgraden und mehr agiler Selbstorganisation einerseits und der Notwendigkeit von klaren strategischen Prioritäten und Richtungen in einer volatileren Welt andererseits. Schliesslich das proaktive und authentische Integrieren von ESG Themen, ohne aber in Virtue Signalling ohne Substanz oder Sinnhaftigkeit abzudriften.

Automatisierung, Digitalisierung und Workplace of the Future prägen das heutige Arbeiten. Wie begegnen Sie diesen Trends?
Wir haben in allen Bereichen bei Axpo entsprechende Aktivitäten in der Umsetzung, die wir mit der Schaffung von neuen entsprechenden Führungsfunktionen beschleunigt haben. Zudem haben wir die Investitionen in die entsprechenden Bereiche erhöht. Zum Thema Workplace haben wir nicht zuletzt auch aufgrund der Pandemie eine stark beschleunigte Entwicklung bspw. beim Einsatz von digitalen Technologien oder bei den Arbeitsformen beobachtet, die wir aktiv unterstützen und weiter beschleunigen.

Wie stellen Sie sicher, dass Technologisierung/Digitalisierung kein Expertenthema bleibt, sondern in der Wertschöpfung des Unternehmens verankert wird?
Unser Modell basiert darauf, Digitalisierung direkt in den operativen Bereichen stattfinden zu lassen, aber auch entsprechend zu beschleunigen und zu katalysieren. Dazu existieren (bewusst überschaubare) neue zentrale Kompetenzzentren, welche die Linie primär aktiv unterstützen, aber durchaus auch challengen.

Im Zuge der demografischen Entwicklung werden schon bald mehr Führungskräfte pensioniert, als nachfolgen werden. Wie gehen Sie in Ihrem Unternehmen mit dem drohenden Personalmangel um?
Der War for Talent ist eine der grössten anstehenden Herausforderungen, die sich zudem nicht nur auf Führungskräfte beschränkt. Wir bauen dazu nicht nur auf die interne Entwicklung von Talenten, sondern investieren auch gezielt in verstärkte Massnahmen im Employer Branding. Durch unsere Positionierung rund um den Ausbau von erneuerbaren Energien sind wir zuversichtlich, dass wir auch dank dem starken Purpose der Axpo laufend hervorragende Personen gewinnen können.

Welche Massnahmen haben Sie in Ihrem Unternehmen definiert, um den Frauenanteil im Management zu erhöhen?
Die Energiewirtschaft war lange eine Männerdomäne, aber das ändert sich glücklicherweise immer stärker. Wir haben die Konzernleitung letztes Jahr organisatorisch neu aufgestellt und konnten für die COO-Funktion eine Frau gewinnen. Zudem existiert eine ganze Reihe von Massnahmen, die konsequent angegangen werden, u.a. werden alle Führungsfunktionen auch in Teilzeit ausgeschrieben, bei der internen Talentförderung wird ein besonderes Augenmerk auf Diversität gelegt, und es wird bei gewissen Funktionen ein mutigeres «Hire for Talent» unterstützt. Wichtig ist aber das Prinzip, dass bei Leistung und Eignung für eine Position kein Kompromiss zugunsten der Diversität gemacht wird. Das kann u.U. zu längeren Suchen führen, aber nicht zu schlechterer Performance, was der Diversitätsbestrebung einen Bärendienst erweisen würde.

Was sollten Wirtschaft, Politik und Gesellschaft unternehmen, damit die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Schweiz gestärkt wird?
Bewährt haben sich Massnahmen wie die breite Verfügbarkeit von Krippenplätzen, Tagesschulen und flexibleren Arbeitsmodellen, wobei diese Angebote so weit wie möglich von privaten Akteuren bereitgestellt und nur wo nötig staatlich finanziell unterstützt werden sollten (means-testing).

Welche Botschaften haben Sie für Ihre Toptalente in Bezug auf deren Karriereplanung? Wie vermitteln Sie diese Botschaften im Alltag?
Don’t plan. Es kommt immer anders, als man denkt, und zu viel Planung verstellt den Blick auf unerwartete Chancen.

Wir sehen immer öfter, dass CEOs auch externe Verwaltungsratsmandate innehaben. Wie beurteilen Sie dies?
In einem zeitlich überschaubaren Rahmen klar positiv, sofern natürlich keine Interessenkonflikte existieren. Durch den Austausch und das ständige Lernen idealerweise von anderen Industrien können alle Beteiligten, auch das «entsendende Unternehmen», profitieren.