Elisabeth Heer Dietrich

Elisabeth Heer Dietrich wurde 2018 vom Landrat des Kantons Basel-Landschaft zur Landschreiberin gewählt. In ihrer Funktion leitet sie die Landeskanzlei und unterstützt Parlament, Kommissionen und die Regierung bei ihrer Arbeit. Davor war sie 8 Jahre als Generalsekretärin der Sicherheitsdirektion im Kanton Zug tätig. Inter na tio nale Erfahrung konnte sie als Stv. Chefin der Ab teilung Strategie sowie Leiterin des Fachbereichs EU/Schen gen im Bundesamt für Polizei sammeln. Ihre berufliche Karriere startete die Juristin im Privatsektor bei PricewaterhouseCoopers und F. Hoffmann-La Roche AG.

«2020 waren im Kanton Basellandschaft 50 % der Neueintritte ins Kader Frauen»

Welche Trends sehen Sie, wie sich die Führung im öffentlich-rechtlichen Bereich verändert?
Ein Fokus liegt im Coaching der Mitarbeitenden. Dabei sind Arbeitsprozesse und Zielsetzungen vermehrt partizipativ zu definieren und die Mitarbeitenden mit entsprechenden Kompetenzen auszustatten, damit sie ihre Aufgaben eigenständig und zielorientiert wahrnehmen können. Diese Interaktion im Wechselspiel von physischen, hybriden und digitalen Arbeitsformen ideal zu erreichen, fordert wohl alle Führungspersonen heraus.

Automatisierung, Digitalisierung und Workplace of the Future prägen das heutige Arbeiten. Wie begegnen Sie diesen Trends?
Viele Aufgaben können unabhängig von Ort und Zeit erledigt werden. Bisherige Elemente sind bspw. die Ausweitung von Homeoffice, Jahresarbeitszeit oder die Förderung von Teilzeitarbeit. Darüber hinaus wird momentan eine umfassende Digitalisierungsstrategie diskutiert, deren Umsetzung auch neuen Arbeitsformen und Kulturelementen Rechnung tragen wird.

Welche Bereiche sehen Sie, in denen die öffentliche Verwaltung schlanker, effektiver und produktiver werden könnte?
Ein effizienter und effektiver Umgang mit Mitteln ist eine Daueraufgabe. Gleichzeitig sind auch die Bedürfnisse unserer Einwohnerinnen und Einwohner eine Maxime. Ein ausschliesslicher Fokus auf die Digitalisierung würde zu kurz greifen. Zwar müssen diverse Prozesse und Dienstleistungen effizienter digital gestaltet werden. Der direkte Kontakt mit der Bevölkerung ist und bleibt jedoch wichtig. Es gilt vielfach ein Sowohl-als-auch, andernfalls würde man diverse Gruppen von den Dienstleistungen der Verwaltung ausschliessen.

Der Bund ist der Vorreiter in Sachen Gender Diversity im Topkader. Wie hat sich dies in Ihrem Kanton verändert? Gibt es Vorgaben oder Massnahmen, um den Frauenanteil im Topkader zu erhöhen?
Eine ausgewogene Vertretung beider Geschlechter geniesst im Kanton Basel-Landschaft einen hohen Stellenwert. Der Regierungsrat hat sich entsprechende Ziele in seiner Langfristplanung gesetzt. Mit der Zukunftsstrategie Gleichstellung 2021–2024 setzen die Direktionen, unterstützt von Gleichstellung BL, diverse Massnahmen um. Dies zeigt erfreuliche Resultate: 2020 waren 50% der Neueintritte ins Kader Frauen.

Was sollten Wirtschaft, Politik und Gesellschaft unternehmen, damit die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Schweiz gestärkt wird?
Zuallererst ist die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie weiter zu stärken, ob dies nun Betreuungsmöglichkeiten für Kinder oder die Weiterentwicklung von schulergänzenden Tagesstrukturen betrifft. Auch der verstärkte Einsatz von Homeoffice und flexiblen Arbeitszeiten leistet einen wichtigen Beitrag. Heutige Hindernisse wie die Vorbehalte gegenüber dem Jobsharing oder fiskalische Nachteile sind abzubauen.

Wenn Sie Positionen im Topkader (Generalsekretär/in, Amtsleiter/in) neu besetzen, welches sind für Sie die wichtigsten persönlichen Anforderungskriterien?
Neben den fachlichen Kompetenzen und den Management-Skills sind die weichen Faktoren sehr wichtig. Eine Führungsperson muss Empathie und Interesse für die Aufgabe, aber insbesondere für die Mitarbeitenden haben. Fehlt Letzteres, kann es auch mit noch so viel Kompetenz nicht kompensiert werden.

Ist es aus Ihrer Sicht ein Vorteil, wenn die Führungskräfte in der Verwaltung Erfahrung aus der Privatwirtschaft mitbringen?
Ich mag diese Kategorisierung in Verwaltung und Privatwirtschaft nicht sonderlich. So oder so muss ein ideales Team über unterschiedliche Hintergründe, Fähigkeiten und Perspektiven verfügen, um nachhaltige Lösungen zu kreieren. Die Erfahrung aus einer unternehmerischen Perspektive ist mit Sicherheit ein wichtiger Input, aber nicht der einzige. Genauso ist die volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Perspektive unabdingbar.

Im Zuge der demografischen Entwicklung werden schon bald mehr Führungskräfte pensioniert, als nachfolgen werden. Wie gehen Sie in Ihrem Kanton mit dem drohenden Personalmangel um?
Aktuell entwickeln wir verschiedene Massnahmen, um den Kanton weiter als modernen und attraktiven Arbeitgeber zu positionieren. Die Anstellungsbedingungen wie auch die Nachfolgeplanung und das Talentmanagement werden überprüft. Dabei kann der Kanton auch mit der Sinnhaftigkeit punkten: Wir arbeiten im Dienst der Gesellschaft. Und die enge Schnittstelle zur Politik kann – mindestens aus meiner Sicht – einen weiteren Anreiz bieten.