Franz Julen

Franz Julen war bis Ende 2016 17 Jahre CEO von Intersport International, dem mit 12 Mrd. Euro Umsatz und ca. 6000 Filialen in 65 Ländern grössten Sportartikelhändler der Welt. Heute präsidiert er den Verwaltungsrat der Valora Holding AG und der Zermatt Bergbahnen AG. Er ist Mitglied des Beirats der Unternehmensgruppe Aldi Süd, Verwaltungsrat von VFS Global und Mitglied des Stiftungsrats der Kuoni und Hugentobler Stiftung. Davor betreute er nach Abschluss der Hotelfachschule in Luzern seinen Bruder Max, den Riesenslalom-Olympiasieger in Sarajevo 1984, war Sportjournalist, Vizedirektor der Marc Biver Sportmarketingagentur und CEO des Sportartikelherstellers Völkl International AG.

«Der Verwaltungsrat hat seine digitalen Kompetenzen massiv ausgebaut»

Welche Learnings für die strategische Führung nehmen Sie aus der Corona-Situation mit?
Die Krise ist unberechenbar und Planung schwierig. Aktionismus ist aber fehl am Platz. Es gilt, Ruhe zu bewahren, die Situation jeden Tag neu zu beurteilen, Entscheidungsfreude zu zeigen und Massnahmen konsequent, mit Tempo sowie guter Kommunikation umzusetzen.

Welche strategischen Massnahmen betreffend Gender Diversity haben Sie auf Stufe Verwaltungsrat und Geschäftsleitung definiert?
Statt Quoten stehen für mich die für eine Position geforderten Fähigkeiten und das Mindset im Vordergrund. Gleichwohl bin ich überzeugt, dass gemischte Teams einen höheren Mehrwert bringen. Darum müssen wir handeln und Stellen vermehrt mit Frauen besetzen.

Welche Resultate hat diese Überzeugung bereits gezeigt?
Dass wir etwas tun, zeigt sich darin, dass der siebenköpfige Valora-Verwaltungsrat nach der Zuwahl von zwei weiteren Frauen 2020 drei Frauen zählte. Es besteht aber nach wie vor Handlungsbedarf, auch auf Konzernleitungs- und weiteren Führungsebenen.

Wie hat sich die Dynamik durch den höheren Frauenanteil im Gremium verändert?
Trotz zuletzt vorwiegend virtuellen Sitzungen hat sich die Diskussionskultur bereits verändert.
Themen werden aus noch unterschiedlicheren Blickwinkeln beleuchtet. Das ist für eine bessere
Entscheidungsfindung wichtig.

Was sollten Wirtschaft, Politik und Gesellschaft unternehmen, damit die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Schweiz gestärkt wird?
Es braucht den Willen, auch Menschen mit Teilzeitpensen Karrieremöglichkeiten zu bieten. Unternehmen wie Führungskräfte müssen auf­geschlossen sein, Flexibilität zeigen und Vertrauen in ihre Mitarbeitenden haben. Gleichzeitig müssen diese spüren, dass ein solcher Weg breite Unterstützung findet.

Welche Kompetenzen werden zunehmend wichtiger im Verwaltungsrat mit Blick auf die immer schnelleren wirtschaftlichen und technologischen Veränderungen?
Ein Verwaltungsrat braucht einen guten Mix aus Fähigkeiten und eine breite Erfahrung. Gerade Mitglieder mit einer CEO-Laufbahn, die sich selbst in eine CEO-Rolle hineinversetzen können, bringen einem Unternehmen sehr viel. Jedes Mitglied muss auch bereit sein, sich fachlich und mental weiterzuentwickeln. Agilität und Flexibilität, aber auch Internationalität und Teamspirit werden immer wichtiger.

Automatisierung, Digitalisierung und Workplace of the Future prägen das heutige Arbeiten. Wie begegnen Sie diesen Trends?
Valora stellt ihre Innovationskraft immer wieder unter Beweis, beispielsweise mit dem ersten kassenlosen Convenience Store der Schweiz. Die digitale Weiterentwicklung ist hier CEO-Chefsache. Auch der Verwaltungsrat hat seine digitalen Kompetenzen über die letzten Jahre massiv ausgebaut. Ein wesentlicher Teil der Mitglieder ist oder war für Unternehmen tätig, die weltweit digitale Trends setzen.

Was unternehmen Sie, um die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit im Verwaltungsrat zu verbessern, und welchen Stellenwert hat dabei das Board Assessment?
Von klassischen Board Assessments mit Fragebogen halte ich nicht viel. Wir haben bei Valora einen Raum geschaffen, in dem wir im Gespräch jährlich mehrere Stunden offen und transparent unsere Arbeit, den Umgang miteinander, das Zusammenspiel mit der Konzernleitung und unsere Werte analysieren. Daraus ziehen wir die für uns richtigen Schlüsse, protokollieren diese und setzen die Massnahmen als Team konsequent um.