Juan Beer

Juan Beer ist seit Februar 2018 CEO von Zurich Schweiz. Er stiess 1987 als Lernender zu Zurich und besetzte seit dann lokale und globale Positionen in der Zurich-Gruppe in den Bereichen Underwriting, Verkauf und Relationship Management sowie in der Führung von Markt- und Kundensegmenten. In seiner letzten Funktion als globaler Leiter der Grup pen- Rückversicherung hat er die Rück ver sicher ungsstrategien der Gruppe erfolgreich neu ausgerichtet und damit zur Nachhaltigkeit der Kapitalbasis und der Ertragskraft von Zurich beigetragen. Juan Beer hat ein Handels- und Versicherungsdiplom der Zurich Business School und absolvierte 2013 ein Advanced Management Program an der IESE Business School.

«Wir binden Mitarbeitende gezielt in die Ausgestaltung unserer Arbeitswelt der Zukunft ein»

Welche Trends sehen Sie, wie hat sich die Unternehmensführung weiterentwickelt?
Die Unternehmensführung ist wesentlich anspruchsvoller geworden aufgrund des Übergangs vom Shareholder zum komplexeren Stakeholder Value Management. Zu den Erwartungen der Aktionäre gesellen sich diejenigen der Kundinnen und Kunden, der Mitarbeitenden, der Gesellschaft und der Umwelt. Hinzu kommen neue Realitäten wie ESG, der richtige und vertrauenswürdige Umgang mit Daten, geopolitische Unsicherheit oder die steigenden Anforderungen an das Business Continuity Management aufgrund der zunehmenden Digitalisierung. All das erfordert holistischere strategische Klarheit und einen verstärkten Fokus auf die Unternehmenskultur, denn die Mitarbeitenden hinter einem klaren Zweck zu vereinen, darf nicht dem Faktor Zufall überlassen werden.

Automatisierung, Digitalisierung und Workplace of the Future prägen das heutige Arbeiten. Wie begegnen Sie diesen Trends?
Wir erleben diese Trends primär als Chance. Unsere Kundinnen und Kunden dürfen heute Entscheidungsfreiheit voraussetzen. Bei einfacheren Dingen bevorzugen viele ein digitales Self-Service-Angebot. Gleichzeitig erwarten sie persönliche Beratung und Betreuung in komplexeren Lebens- oder Risikosituationen. Genau das wollen wir ihnen bieten, weshalb wir als Zurich die richtigen zukunftsorientierten Fähigkeiten benötigen. Deshalb ermöglichen wir unseren Mitarbeitenden nicht nur entsprechende Weiterbildung, sondern binden sie gezielt in die Ausgestaltung unserer Arbeitswelt der Zukunft ein.

Wie stellen Sie sicher, dass Technologisierung/Digitalisierung kein Expertenthema bleibt, sondern in der Wertschöpfung des Unternehmens verankert wird?
Technologisierung und Digitalisierung haben dazu geführt, dass Kundinnen und Kunden sowie Geschäftspartnerinnen/-partner neue Ansprüche an uns stellen, an das Was, Wie, Wann und Wo. Demzufolge sind diese Fähigkeiten nicht mehr wegzudenken. Auch wenn sie nicht meine Strategie sind, sind sie zentral bei deren Umsetzung. Im Zentrum steht dabei die Kundenexzellenz, und diese hat zwei Teile: einerseits die eigene Haltung und andererseits die Unterstützung durch Technologie und digitale Fähigkeiten. Unser ganzes IT-Projektportfolio ist entsprechend ausgerichtet und kalibriert.

Im Zuge der demografischen Entwicklung werden schon bald mehr Führungskräfte pensioniert, als nachfolgen werden. Wie gehen Sie in Ihrem Unternehmen mit dem drohenden Personalmangel um?
Genau wie «Workplace of the Future» geniesst auch die «Workforce of the Future» einen starken Fokus in unserer Geschäftsleitung. Die erwähnten Herausforderungen in der Unternehmensführung erfordern Investitionen in unser Talent der Zukunft. Dazu gehören technische wie auch Management- und Leadership-Fähigkeiten. Zum einen setzen wir auf die Weitergabe von Wissen und haben vielfältige Angebote wie zum Beispiel die Möglichkeit einer Bogenkarriere. Zum anderen investieren wir laufend in spezifische Aus- und Weiterbildungsprogramme. Gute Beispiele dafür sind unsere Fit-for-Future-Leadership-Programme für unsere Top-100-Führungskräfte oder unser #NextGen-Programm, das wir auch für einen frühzeitigen Aufbau eines balancierten Gender-Mix nutzen, und weitere Young-Professional-Einstiegsmöglichkeiten, auch beispielsweise im ICT-Bereich.

Was sollten Wirtschaft, Politik und Gesellschaft unternehmen, damit die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Schweiz gestärkt wird?
Sie sollten möglichst gut zusammenarbeiten, um Breitenwirkung zu erzielen. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist bei Zurich keine «freiwillige Zugabe» für unsere Mitarbeitenden. Wir stellen sicher, dass wir unseren Mitarbeitenden die nötige Flexibilität zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie geben. Karrieremöglichkeiten auch bei Teilzeitpensen, flexibles und hybrides Arbeiten, Jobsharing, Sabbaticals sowie eines der fortschrittlichsten Elternzeitmodelle der Schweiz sind zentrale Beiträge zur Chancengleichheit und Voraussetzungen dafür, dass die talentiertesten Menschen unseres Landes für Zurich arbeiten wollen und sich bei uns weiterentwickeln können, unabhängig von ihrer Lebenssituation.

Welche Botschaften haben Sie für Ihre Toptalente in Bezug auf deren Karriereplanung? Wie vermitteln Sie diese Botschaften im Alltag?
Ich verbringe persönlich viel Zeit mit unseren Talenten, sei es in Entwicklungsprogrammen, in CEO-Dialogen oder über Coaching- und Mentoring-Aktivitäten. In meiner Interaktion mit ihnen fordere ich eine aktive Auseinandersetzung mit dem individuellen Profil. Eine solide Karriere erfordert eine gezielte Investition in technische Tiefe und in die eigene Persönlichkeit. Andere zentrale Elemente sind der Geschäftssinn, das strategische Verständnis, Networking und Kommunikation. Die Ambition allein genügt nicht. Es braucht Planung, Energie, Biss, Konstanz, Präzision, Flexibilität und Geduld.