«Ohne Zuwanderung müssten Baustellen dichtmachen»
Was macht für Sie gute und zeitgemässe Führung aus?
Für mich ist das ein familiärer Stil, verbunden mit möglichst viel Freiheit ganz im Sinne von Kant: Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte. Und natürlich Wertschätzung, verbunden mit hoher Eigenverantwortung. Ich bin in einer Grossfamilie mit 8 Kindern aufgewachsen, in der Gleichberechtigung gelebt wurde. Das prägte mein Führungsverständnis. Wir haben bei unseren Löhnen freiwillig die 1:12-Initiative umgesetzt und leben den Gleichheitsgedanken auch in unserer zweiköpfigen Geschäftsleitung. Als CEO bin ich «primus inter pares».
Welche Trends beeinflussen Ihr Kerngeschäft, und wie stellen Sie die erfolgreiche Ausrichtung darauf sicher?
Auf die Digitalisierung haben wir uns schon früh ausgerichtet: Seit 10 Jahren sind wir voll digitalisiert, besonders im Bereich Know-how-Transfer. Wir nutzen ein Programm, über das alle innerhalb von 24 Stunden eine qualifizierte Antwort auf eine Frage erhalten. Unser Kerngeschäft ist geprägt vom Fachkräftemangel. Dem begegnen wir durch Mitarbeiterpflege in Form eines wertschätzenden, motivierenden Arbeitsklimas, durch mindestens 25 Ferientage pro Jahr und überdurchschnittliche Löhne. Für ihr Bestreben, ein familienfreundliches Arbeitsumfeld zu schaffen, hat unsere grösste Gruppengesellschaft, die Burkhalter Technics AG, 2019 den «Family Score» von Pro Familia Schweiz erhalten.
Der Kosten- und Effizienzdruck für Unternehmen steigt. Welche spezifischen Profile holen Sie deswegen ins Unternehmen, und auf welchen Levels setzen Sie sie ein?
Wir sind speziell in Sachen Effizienzsteigerung breit aufgestellt und haben 2019 rund 700 Bau- und Projektleiter entsprechend ausgebildet. Sie wurden in einem eintägigen Seminar in Kommunikation und Wertschätzung im Umgang mit ihren Mitarbeitenden unterrichtet. Es ist allerdings schwierig, genügend Lernende zu finden. Denn die Anforderungen an unsere Jobprofile sind enorm hoch. Und leider sträuben sich viele Eltern dagegen, dass ihr Nachwuchs eine Lehre in unserer Branche absolviert. Zudem wurde die Berufsbildung in den letzten 30 Jahren geschwächt.
Der Ausländeranteil in den Geschäftsleitungen von Schweizer Unternehmen liegt bei 44%. Wie beurteilen Sie die Wichtigkeit der Zuwanderung für Schweizer Unternehmen im Allgemeinen und Ihr Unternehmen im Besonderen?
Ich kann nur für die Baubranche sprechen: Ohne Zuwanderung müssten Baustellen dichtmachen. Administrativ sind wir schlank aufgestellt und haben keine Probleme, Stellen zu besetzen, aber bei den technischen Berufen hätten wir ohne Zuwanderung noch weniger Mitarbeitende, und der Fachkräftemangel wäre noch grösser. Derzeit beschäftigen wir rund 3000 Mitarbeitende aus 56 Nationen und sind froh um jede qualifizierte Fachkraft aus dem In- und Ausland.
Welche Bedeutung räumen Sie der Gender Diversity in Ihrem Unternehmen ein, und welche Massnahmen haben Sie definiert, um den Frauenanteil in den Führungsgremien zu erhöhen?
Gender Diversity ist uns wichtig. Wir sind bestrebt, den Frauenanteil zu erhöhen und die Gleichbehandlung voranzutreiben. Gemischte Teams mit Frauen sind mit Abstand am besten. Derzeit haben wir allerdings nur eine Geschäftsführerin und 41 Geschäftsführer. Es ist sehr schwierig, junge Frauen davon zu überzeugen, einen technischen Beruf zu erlernen. Wir bieten interessante Aus- und Weiterbildungen sowie flexible Arbeitszeiten an, und bei uns kann sich jede Lernende zur Geschäftsführerin hocharbeiten.