Michael Rechsteiner

Michael Rechsteiner ist Maschinenbauingenieur ETH mit einem Executive MBA der Universität St.Gallen. Er ist seit 2019 Verwaltungsrat der Swisscom AG und seit 2021 deren Präsident. Seine Karriere begann 1990 bei der ABB Kraftwerke AG (später Alstom), wo er in verschiedenen internationalen Positionen tätig war. 2003 wurde er COO des damaligen Textilmaschinenherstellers Sultex. 2007 kehrte er zu Alstom Power zurück und führte das globale Servicegeschäft. Nach der Übernahme von Alstom Power durch General Electric verantwortete er das weltweite Produkteangebot von GE Power Services und ab 2017 als CEO das Kraftwerksgeschäft in Europa. Michael Rechsteiner ist Mitglied des Vorstands und des Vorstandsausschusses von economiesuisse.

«Komplementäre Diversität in jeder Form sowie konstruktive Teamfähigkeit sind äusserst wichtig im Verwaltungsrat»

Welches sind die Hauptthemen, die Sie aktuell in Ihrer Verwaltungsratstätigkeit beschäftigen?
Aktuell beschäftigen wir uns im VR intensiv mit Wachstumsoptionen und Nachhaltigkeit. Nachfolgeplanung und eine exzellente Corporate Governance sind permanente Themen.

Wie veränderten sich die Ansprüche an die Verwaltungsratsarbeit im Hinblick auf die weltweit immer schnelleren wirtschaftlichen Veränderungen sowie die zunehmende Kadenz von Extremereignissen?
Der VR verantwortet die strategische Führung, das Management die operative Umsetzung der Strategie. Daher ist es wichtig, diese Ebenen stets zu unterscheiden und trotz der operativen Herausforderungen den strategischen Weitblick im VR nicht zu verlieren.

Welche Kompetenzen werden mit Blick darauf zunehmend wichtiger im Verwaltungsrat?
Komplementäre Diversität in jeder Form sowie konstruktive Teamfähigkeit sind äusserst wichtig. Ein VR sollte in der Lage sein, das Management in seiner Geschäftsführung herauszufordern und so zu unterstützen. Es geht darum, zukünftige Herausforderungen für unsere Gesellschaft zu antizipieren und heute an deren Lösungen zu arbeiten.

Der ökologische Fussabdruck der Schweizer Unternehmen ist gross. Welchen Stellenwert hat das Thema Nachhaltigkeit bei Swisscom, und wie veränderten ökologische Überlegungen die Schwerpunkte der Verwaltungsratsagenda?
In der Tat sind Klima, aber auch Energieeffizienz, Lieferketten und Kreislaufwirtschaft strategisch wichtig. Bei Swisscom sind wir seit vielen Jahren auch als VR nah an diesen Themen dran und setzen uns damit aktiv auseinander. Die Verantwortung für Nachhaltigkeit liegt beim Gesamtverwaltungsrat; der Ausschuss Revision & ESG prüft das ESG Reporting und wurde auch entsprechend umbenannt. Dass Swisscom letztes Jahr wiederum als nachhaltigstes Telekommunikationsunternehmen der Welt ausgezeichnet worden ist, macht uns alle stolz.

56% der neuen Geschäftsleitungsmitglieder und 44% der neuen Verwaltungsratsmitglieder haben keinen Schweizer Pass – beides Spitzenwerte der letzten 18 Jahre. Worauf führen Sie dies zurück?
Wir wollen im Unternehmen und auch im VR die fähigsten Köpfe. Nur so können wir den hohen Ansprüchen unserer Aktionäre, Kunden und anderer Interessengruppen gerecht werden. Der Pass einer Person spielt daher weniger eine Rolle als ihre Fähigkeiten und ihre Bereitschaft, sich mit vollem Herzen für Swisscom zu engagieren. Im Weiteren widerspiegeln diese Verhältnisse die internationale Ausrichtung unserer Schweizer Unternehmungen.

Im Zuge der demografischen Entwicklung werden schon bald mehr Führungs- und Fachkräfte pensioniert, als nachfolgen werden. Wie gehen Sie bei der Swisscom AG mit dem zunehmenden Fachkräftemangel um? Welche strategischen Massnahmen haben Sie eingeleitet, um dem zu begegnen?
Es ist ja nicht nur ein Fachkräfte-, sondern ein Arbeitskräftemangel, der auf uns und die gesamte Schweizer Volkswirtschaft zukommt. Unsere diesbezügliche Strategie basiert auf vier Säulen: 1. Wir treiben die Digitalisierung unserer Prozesse mit aller Kraft voran. – 2. Wir investieren in die Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeitenden; so haben wir etwa 900 Lernende, bieten diverse Berufseinsteigerprogramme an, und jede/r Mitarbeitende hat Anspruch auf Ausbildungstage. – 3. Wir arbeiten permanent an der Verbesserung unserer Attraktivität als Arbeitgeberin und messen dem Employer Branding hohe Bedeutung zu. – 4. Wir entwickeln gewisse Servicetätigkeiten oder Software auch im Ausland.

In einigen Jahren wird der Grossteil der Arbeitnehmenden der Generation Z zugehören. Wie zieht Ihr Unternehmen diese Zielgruppe an, und was erwarten Sie von dieser Zielgruppe zur Weiterentwicklung Ihrer Firma?
Jede Generation bringt ihre neuen Fähigkeiten und Vorstellungen mit. Bei Swisscom sind wir es gewohnt, uns auf die damit verbundenen Veränderungen einzustellen, Produkte, aber auch Arbeitsbedingungen und Unternehmenskultur zu entwickeln und stetig anzupassen. Das überlassen wir nicht dem Zufall, sondern gestalten den Wandel sehr aktiv. Entsprechend freuen wir uns auf die Generation Z als Kunden wie auch als Mitarbeitende.

Wie hat sich aus Ihrer Sicht die Unternehmenskultur seit 2019 verändert, und welchen Einfluss hatte dies auf die Zusammenarbeit von Ihnen als Präsident mit dem CEO?
Swisscom hat eine starke Unternehmenskultur rund um die Werte «Neugier, Engagement und Vertrauenswürdigkeit». Diese Werte sind prägend und verankert. Unter der Führung unseres neuen CEO Christoph Aeschlimann haben wir unsere Vision überarbeitet, die Dimensionen Innovationsfähigkeit und Vertrauenswürdigkeit zusätzlich gestärkt. Entsprechend verspüre ich heute eine neue, wohltuende Aufbruchstimmung mit Lust auf Zukunft. Mit Urs Schaeppi und jetzt auch mit Christoph Aeschlimann pflege ich eine sehr offene, von Wertschätzung geprägte Zusammenarbeit. Wir verstehen uns, aber auch VR und KL, als ein Team, in dem jeder seine Rolle hat. So bereitet die Arbeit grosse Freude.