Philip Mosimann

Philip Mosimann, Jahrgang 1954, war von 2002 bis 2016 CEO von Bucher Industries, die welt­weit rund 12 600 Mitarbeitende zählt und in den Ranglisten der bestgeführten Unternehmen regel­mässig Toppositionen ergattert, und präsidiert seit 2016 den Verwaltungsrat. Der ETH-Ingenieur war zuvor während 22 Jahren in Managementpositionen bei Sulzer tätig, zuletzt als Divisionsleiter Sulzer Textil. Mosimann ist Präsident des Verwaltungsrats der Uster Technologies AG und der Ammann Group Holding AG sowie Mitglied des Verwaltungsrats der Bobst Group SA und der Vanderlande Industries B.V. (NL). Zudem ist er Mitglied des Vorstandsausschusses von Economiesuisse und Swissmem.

«Es braucht das Zusammenspiel aller Akteure, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu stärken»

Welche Learnings für die strategische Führung nehmen Sie aus der Corona-Situation mit?
Zuallererst haben wir dafür gesorgt, dass die Firma weiter operieren kann, und die Liquidität sichergestellt ist. Zudem waren Health Er Safety der Mitarbeitenden oberstes Gebot. Da wir sehr dezentral aufgestellt sind bei Bucher, setzten die lokalen Geschäftsführer die Massnahmen um. Wir haben den Führungsrhythmus verkürzt und den Austausch zum CEO intensiviert. Im Verwaltungsrat wurden wir viel digitaler und machten kürzere virtuelle Sitzungen in kleineren Abständen. Wir haben für 2021 20% weniger Reisekosten als 2019 budgetiert, weil uns die Pandemie gezeigt hat, dass nicht immer ein physisches Treffen notwendig ist. Dazu kommt der Zeitfaktor, denn eine physische Sitzung z. B. im Verwaltungsrat oder in der Konzernleitung braucht Monate Vorlauf, eine Videokonferenz von 30 Minuten kann innert Tagen organisiert werden. Daran wollen wir festhalten.

Welche strategischen Massnahmen betreffend Gender Diversity haben Sie auf Stufe Verwaltungs­rat und Geschäftsleitung definiert, und wie überwachen Sie diese?
Bei der Nachfolgeplanung im Verwaltungsrat ist die Regel, dass wir bis zur Schlusswahl mindestens eine Frau dabeihaben. Bezüglich der Kompetenzen im Gremium gehen wir keine Kompromisse ein. Doch wollen wir attraktiv sein für weibliche Mitglieder. In der Konzernleitung ist es deutlich anspruchsvoller. Da es in der Maschinenbaubranche schwieriger ist, Frauen mit entsprechendem Erfahrungsausweis zu finden, versuchen wir, die Basis an Frauen in unserem eigenen Nachwuchs zu verbreitern.

Welche Resultate haben diese Massnahmen bereits gezeigt, und was versprechen Sie sich davon in näherer Zukunft?
Im Operativen sehen wir erste Wurzeln, doch das wird noch viel Zeit brauchen. In den Geschäftsleitungen unserer Divisionen mit weltweit rund 60 Personen ist noch keine einzige Frau dabei. In den Fachbereichen finden sich einige Frauen, auch in Führungspositionen.

Was sollten Wirtschaft, Politik und Gesellschaft unternehmen, damit die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Schweiz gestärkt wird?
Es braucht ein Zusammenspiel all dieser Akteure, weil dies keiner alleine lösen kann. Eltern benötigen Tagesstrukturen für die Kinder. Die Unternehmen und die Mitarbeitenden müssen flexibler werden in den Arbeitszeiten sowie den Pensen, und die Gesetzgebung muss dies begünstigen.

Im Zuge der demografischen Entwicklung werden schon bald mehr Führungskräfte pensioniert, als nachfolgen werden. Wie gehen Sie damit auf der strategischen Ebene um?
Wir setzen auf Technologien und automatisieren Prozesse, um den Mangel an Fachkräften zu kompensieren. Zudem versuchen wir, uns als attraktiven Arbeitgeber zu positionieren, um qualifizierte Mitarbeitende anzuziehen.

Welche Kompetenzen werden zunehmend wichtiger im Verwaltungsrat mit Blick auf die weltweit immer schnelleren wirtschaftlichen und technologischen Veränderungen?
Mein persönliches Credo ist, dass wir im Verwaltungsrat Generalisten bevorzugen mit entsprechender Wissensbreite. Spezialisten-Know-how kann man sich jederzeit zukaufen. Zudem bin ich der Meinung, dass sich im Verwaltungsrat die Führungs- und Businesserfahrungen der Konzernleitung und damit des Geschäfts spiegeln müssen.

Automatisierung, Digitalisierung und Workplace of the Future prägen das heutige Arbeiten. Wie begegnen Sie diesen Trends?
Automatisierung und Rationalisierung sind ein Muss, wenn man in der Schweiz konkurrenzfähig bleiben will. Neue Technologien und Konnektivität der Maschinen mit entsprechenden Applikationen sind die grossen Themen. Flexiblere Arbeitsformen haben Einzug gehalten. Doch trotz all dieser Veränderungen bleibt der persönliche Kontakt matchentscheidend, gegenüber den Kunden, Mitarbeitenden und anderen Anspruchsgruppen.

Was unternehmen Sie, um die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit im Verwaltungsrat zu verbessern, und welchen Stellenwert hat dabei das Board Assessment?
Um die Qualität der Sitzung zu steigern, gehe ich vor der Sitzung VR-intern durch die Traktanden und weise auf heikle Punkte hin. Nach jeder VR-Sitzung werten wir diese standardmässig aus in Bezug auf Sitzungsführung und Diskussionskultur. So haben wir nach jeder Sitzung auch Erkenntnisse für mich als Präsidenten. Ein externes Board Audit machen wir nicht, wir nehmen alle zwei Jahre selbst ein Audit vor.