Urs Baumann

Urs Baumann ist seit September 2022 CEO der Zürcher Kantonalbank. Er verfügt über langjährige Erfahrung im nationalen und internationalen Management als Verwaltungsratsmitglied, Gruppen-CEO, Geschäftsführer und Managing Director. Seine Karriere startete er 1993 als Berater bei McKinsey & Company in Zürich. Ab 1998
sammelte er Berufserfahrung im Finanz- und Bankensektor bei Swisscard in Horgen, der Barclays Bank plc in London, der Lindorff Group in Oslo und der Bellevue Group AG in
Küsnacht. 2015 war er Mitgründer der Blue Earth Capital AG in Zug, die er bis März 2022 als CEO leitete. Urs Baumann hat einen Master of Arts der Universität St. Galler und einen
MBA-Abschluss der Universität Chicago Booth School. Er ist Verwaltungsrat der Schweizerischen Bankiervereinigung,
Vizepräsident des Verwaltungsrats des Verbands Schweizerischer Kantonalbanken und Vorstandsmitglied der Zürcher Volkswirtschaftlichen Gesellschaft.

«Die Grundsätze der Nachhaltigkeit sind in unserer Strategie und über unsere gesamte Geschäftstätigkeit integriert»

Welche Trends sehen Sie, wie sich die Führung weiterentwickelt in Zeiten von Digitalisierung, künstlicher Intelligenz, Individualisierung aufseiten der Arbeitnehmenden und Agilität?
Ich sehe hier allen voran drei grosse Themen. Zum einen: Empowerment. Mitarbeitenden Verantwortung und Autonomie zu übertragen, ist heute wie auch morgen ein zentraler Erfolgsfaktor und eine Grundvoraussetzung für Agilität. Dafür braucht es als Zweites Vertrauen – gerade mit dem Anstieg an Remote Work bedarf es eines Führungsmodells, dass ohne «Kontrolle» vor Ort auskommt. Als dritten grossen Trend sehe ich das kontinuierliche Fördern und Fordern von Mitarbeitenden. Mit der
Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz ist die Halbwertzeit von Wissen viel kürzer geworden, und auch die Rollen verändern sich viel schneller, als es früher der Fall war. Umso wichtiger ist es, sich kontinuierlich weiterzubilden und offen für Veränderungen zu sein.

Die Unternehmen erreichen aktuell die Geschlechterrichtwerte im Verwaltungsrat von 30% und in der Geschäftsleitung von 20%. Wie geht es aus Ihrer Sicht nach diesem Meilenstein weiter im Generationenprojekt Gender Diversity?
Es ist erfreulich, dass die Zahlen langsam nach oben gehen; die Schweiz hinkt hier aber im internationalen Vergleich weiter hinterher. Mein Wunsch wäre es, dass Gender Balance – und ganz grundsätzlich Diversität und Inklusion – eine Selbstverständlichkeit würde.

Der Frauenanteil in Ihrer Geschäftsleitung ist noch unter dem geforderten Minimum. Welche entsprechenden Massnahmen haben Sie ergriffen?
Um den Anteil von Frauen in der Geschäftsleitung nachhaltig zu steigern, müssen wir zunächst den Anteil von Frauen in hohen Führungsfunktionen ausbauen – also die «Pipeline» an potenziellen Kandidatinnen erweitern. Hier muss ich selbstkritisch sagen: Wir sind noch nicht dort, wo wir sein möchten – wenngleich die Richtung stimmt. Deswegen haben wir entschieden, uns konkrete Ziele für die Durchmischung der Geschlechter in der Führung zu setzen. Auf der zweiten Führungsstufe möchten wir bis 2026 einen Frauenanteil von 20% erreichen, auf der dritten Führungsstufe einen Anteil von 30%. Beim Nachwuchs ist das Ziel, gleich viele Frauen wie Männer auszubilden.

Gemäss unseren Erhebungen blieben die Frauen, die vergangenes Jahr aus den Geschäftsleitungen austraten, nur 3 Jahre im Amt. Welche Massnahmen haben Sie in Ihrem Unternehmen ergriffen, um eine möglichst hohe Retention der weiblichen Führungskräfte sicherzustellen?
Grundsätzlich erfreuen wir uns einer geringen Fluktuation – dies gilt gleichwohl für Mitarbeiterinnen als auch Mitarbeiter und über alle Führungsstufen hinweg. Tatsächlich ist gerade bei unseren Mitarbeiterinnen in hohen Führungsfunktionen die Retention besonders hoch. Wie wir das erreichen? Allem voran durch unser gutes Arbeitsklima mit einem respektvollen Miteinander – unabhängig von der Hierarchiestufe. Daneben bieten wir familienfreundliche Arbeitsbedingungen und ein Mentoringprogramm, Seminare, Mitgliedschaften und Vernetzungsanlässe an. Wir haben ein internes Frauennetzwerk mit dem Slogan «Inspirieren, diskutieren, weiterkommen» und eine Gold-Mitgliedschaft mit Advance – Gender Equality in Business. Zudem sind wir aktive Förderin der Fondsfrauen.

Wir haben festgestellt, dass das Durchschnittsalter in den Geschäftsleitungen zunehmend ansteigt. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?
Für andere Geschäftsleitungen kann ich nicht sprechen. Bei uns in der Zürcher Kantonalbank hat sich die Generaldirektion in den letzten Jahren jedoch im Schnitt verjüngt – dies im Rahmen unserer langfristig ausgerichteten Nachfolgeplanung.

Der ökologische Fussabdruck der Schweizer Unternehmen ist gross. Welchen Stellenwert hat das Thema Nachhaltigkeit in Ihrem Unternehmen, und wie veränderten ökologische Überlegungen die Schwerpunkte der Unternehmensstrategie?
Die Nachhaltigkeit ist ein fester Bestandteil unseres gesetzlich verankerten Leistungsauftrags, er ist Teil unserer DNA. Die Grundsätze der Nachhaltigkeit sind in unserer Strategie und über unsere gesamte Geschäftstätigkeit integriert. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, einen Beitrag zur Reduktion der Treibhausgasemissionen auf netto-null bis 2050 zu leisten – im eigenen Bankbetrieb wollen wir netto-null bis spätestens 2030 erreichen. Wir entwickeln Produkte und Dienstleistungen, die unseren Kundinnen und Kunden dabei helfen, eine positive Nachhaltigkeitswirkung ihrer Geschäftstätigkeit zu entfalten.