Urs Ryffel

Urs Ryffel, Jahrgang 1967, ist seit 2017 CEO bei HUBER+SUHNER. Davor war er seit 2002 in verschiedenen Funktionen beim gleichen Unternehmen tätig, zuletzt 10 Jahre als Leiter der Geschäftseinheit Fiberoptik und Mitglied der Konzernleitung. Seine Laufbahn startete der Ingenieur ETH 1992 bei ABB und Alstom im Bereich Kraftwerke, wo er bis zu seinem Wechsel zu HUBER+SUHNER unterschiedliche Führungsaufgaben in der Schweiz, Portugal und Frankreich innehatte.

«Die Türen für eine erfolgreiche Berufslaufbahn in der Industrie stehen Frauen weit offen»

Welche Trends sehen Sie, wie sich die Unternehmensführung weiterentwickelt?
Gute Führung bedeutet für mich, klare Rahmen und Spielregeln Externe Rahmenbedingungen verändern sich immer schneller, und die Komplexität nimmt ständig zu. Das führt zu einer Überbetonung der Risiken, zu deren Beherrschung das Denken in Szenarien und Agilität nötig sind. Darob dürfen die Chancen nicht vergessen gehen, für die, um sie zu nutzen, Zeit und Weitsicht unabdingbar sind. Hier sind wir als Unternehmensführung gefordert, indem wir interne Rahmenbedingungen und Freiräume schaffen, um auch Chancen zu nutzen und nicht nur Risiken zu managen.

Automatisierung, Digitalisierung und Workplace of the Future prägen das heutige Arbeiten. Wie begegnen Sie diesen Trends?
Auf der einen Seite sind unsere Konnektivitätslösungen eine wichtige Voraussetzung für diese Trends. Andererseits nutzen wir sie bestmöglich in unseren Prozessen. In den daraus resultierenden Projekten müssen die Ziele klar sein. Ist dies gewährleistet, favorisiere ich bei der Umsetzung viele kleine agile Projekte gegenüber einem grossen trägen Programm.

Wie stellen Sie sicher, dass Technologisierung/Digitalisierung kein Expertenthema bleibt, sondern in der Wertschöpfung des Unternehmens verankert wird?
Während die Experten wissen müssen, was technisch machbar ist, sollte der Nutzen der Digitalisierung bei den beteiligten Stellen in der Wertschöpfungskette erkannt werden und daher auch der Anstoss für Projekte aus dieser Ecke kommen. Wenn in der Wertschöpfungskette die Unterstützung für ein Projekt fehlt, ist Vorsicht geboten. Das Rezept für die erfolgreiche Digitalisierung liegt somit im optimalen Zusammenspiel der Disziplinen und natürlich in einem spezifischen Change Management.

Im Zuge der demografischen Entwicklung werden schon bald mehr Führungskräfte pensioniert, als nachfolgen werden. Wie gehen Sie in Ihrem Unternehmen mit dem drohenden Personalmangel um?
Wenn viele sich um wenige Führungsressourcen streiten, wird das Unternehmen zum Verkäufer in eigener Sache. Bei HUBER+SUHNER sind die marktkonformen Anstellungsbedingungen der «Qualifier» – ein sinnvoller Arbeitsinhalt sowie die Firmenkultur sind die «Winner». Das gilt für Recruiting wie für Retention. In unserem Unternehmen nehmen wir diese Punkte sehr ernst und kommunizieren sie über das Employer Branding erfolgreich nach innen und aussen. Gesellschaftlich und politisch engagieren wir uns bei HUBER+SUHNER dafür, dass der Arbeitsmarkt spielt. Dazu braucht es marktfähige Ausbildungen, sowohl hinsichtlich Ausrichtung wie Qualität, und die Offenheit gegenüber einer massvollen Zuwanderung. Wenn die benötigten Fachkräfte nicht zu uns kommen dürfen, dann gehen die Arbeitsplätze ins Ausland.

Welche Massnahmen haben Sie in Ihrem Unternehmen definiert, um den Frauenanteil im Management zu erhöhen?
Die ersten Frauen mussten eine Pionierrolle übernehmen. Glücklicherweise haben wir diese Phase hinter uns. Jetzt wollen wir die Basis verbreitern, und zwar in allen Funktionen und auf allen Positionen. Die geschlechtergerechten Rahmenbedingungen wie gleicher Lohn, gleiche Chancen, flexible Arbeitszeitmodelle sind bei HUBER+SUHNER eine Selbstverständlichkeit: Ich kann nur sagen, dass wir bereit sind. Die Türen für eine erfolgreiche Berufslaufbahn in der Industrie stehen Frauen weit offen, jetzt müssen sich mehr Frauen in ein technisches Umfeld trauen. Das beginnt schon bei der Berufswahl.

Was sollten Wirtschaft, Politik und Gesellschaft unternehmen, damit die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Schweiz gestärkt wird?
Im Sinne von Minimalanforderungen, die zuerst einmal erfüllt sein müssen, braucht es flexible Arbeitspensen für Mütter und Väter, flexible Krippenmodelle und Tagesstrukturen an allen Schulen.

Welche Botschaften haben Sie für Ihre Toptalente in Bezug auf deren Karriereplanung? Wie vermitteln Sie diese Botschaften im Alltag?
Ich glaube, dass fixe Vorstellungen bei der Karriereplanung eher hinderlich sind. Stattdessen fordere ich alle Jungen auf: Kennt eure Stärken und Grenzen, vertraut auf euer Gefühl, bleibt euch treu, habt Spass an dem, was ihr tut – dann seid ihr auch erfolgreich –, und bewegt euch, auch wenn der Weg scheinbar nicht immer schnurgerade nach oben zeigt.

Wir sehen immer öfter, dass CEOs auch externe Verwaltungsratsmandate innehaben. Wie beurteilen Sie dies?
Aus meiner Sicht ist nichts dagegen einzuwenden, wenn durch das Engagement eines CEO im Verwaltungsrat eines anderen Unternehmens für alle Beteiligten eine positive Bilanz resultiert.