Yves Serra

Yves Serra ist seit 2019 im Verwaltungsrat der Georg Fischer AG (GF) und seit 2020 deren Präsident. Ausserdem ist er Präsident des Nomination and Sustainability Committee. Davor war er seit 1992 bei GF in verschiedenen Führungsfunktionen tätig, von 2008 bis 2019 als Präsident der Konzernleitung. Seine berufliche Karriere startete er 1977 als Stell­vertretender Handelsbeauftragter der französischen Botschaft in Manila. Er ist Diplomingenieur der Ecole Centrale de Paris (F) und Bauingenieur der University of Wisconsin-Madison (USA). Yves Serra ist Verwaltungsratspräsident der Stäubli Holding AG und ist im Verwaltungsrat der BNP Paribas Schweiz.

«Wir wollen 70 % Prozent der Exekutiv-Positionen aus den eigenen Reihen besetzen»

Welche Learnings für die strategische Führung nehmen Sie aus der Corona-Situation mit?
Die Krise hat die Märkte unterschiedlich getroffen. Eine globale Präsenz mit lokalem und regionalem Management hat sich als sehr wertvoll erwiesen. Die Nähe zu unseren Kunden sowie gute Lieferbeziehungen und kurze Lieferketten in den Regionen waren dabei erfolgsent­scheidend. In dieser Zeit herrschte eine grosse Verunsicherung, eine klare und perspektivische Kommunikation war auch sehr hilfreich, um die Belegschaft motiviert zu halten.

Welche strategischen Massnahmen betreffend Gender Diversity haben Sie auf Stufe Verwaltungsrat und Geschäftsleitung definiert, und wie überwachen Sie diese?
Diversity als Teil der Nachhaltigkeit hat bei GF, auch im Zusammenhang mit der kürzlich darge­legten Strategie 2025, weiter an Bedeutung gewonnen. So ist innerhalb des Verwaltungsrats ein Komitee für Nachhaltigkeit gegründet worden. Diversity geht weit über Gender hinaus und beinhaltet etwa auch die kulturelle und geografische Diversität sowie unterschiedliches Fachwissen. Bezüglich Gender Diversity hat der VR heute einen Anteil von nahezu 30% Frauen. Aber auch die Konzernleitung hat ambitionierte und messbare Ziele festgelegt, um die Diversity bei GF allgemein zu stärken. Für die Strategieperiode 2025 wurde das Ziel gesetzt, dass 15% der neu ernannten Senior Manager weiblich sind.

Im Zuge der demografischen Entwicklung werden schon bald mehr Führungskräfte pensioniert, als nachfolgen werden. Wie gehen Sie damit auf der strategischen Ebene um?
Wir orientieren uns am Ziel, 70% der Exekutiv-Positionen aus den eigenen Reihen zu besetzen. Sie haben ein tiefes Verständnis des Unter­nehmens und der Kultur. GF hat seit längerem eine strategische Nachfolgeplanung und entsprechende Programme für High Potentials eingeführt. Die transparente Identifikation und Begleitung von Talenten ist für uns sehr wichtig.

Welche Kompetenzen werden zunehmend wichtiger im Verwaltungsrat mit Blick auf die weltweit immer schnelleren wirtschaftlichen und technologischen Veränderungen?
Erfahrung als Mitglied der Konzernleitung in einem internationalen börsenkotierten Unternehmen mit multikulturellen Fähigkeiten ist und bleibt wertvoll. Es hilft bestimmt, Komplexität holistisch zu überschauen, Kausalitäten zu verknüpfen und Zusammenhänge verstehen zu können. Nicht zuletzt ist ein Verständnis des digitalen Fortschritts und der Nachhaltigkeit im Sinne von ESG relevant.

Automatisierung, Digitalisierung und Workplace of the Future prägen das heutige Arbeiten. Wie begegnen Sie diesen Trends?
Die Mitarbeitenden wünschen sich heute eine Umgebung, in der die Unternehmenskultur in kurzer Zeit spürbar wird. Das Unternehmen ist heute mehr denn je eine Begegnungsstätte, deshalb sind auch sogenannte «collaboration spaces» oder Projekträume ein wichtiges Element der Gestaltung. Bezüglich der Arbeitsplätze in der Produktion sind modernste Technologie, Automatisierung und Digitalisierung schon seit langem fundamental, um auf dem Markt bestehen zu können.

Was unternehmen Sie, um die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit im Verwaltungsrat zu verbessern, und welchen Stellenwert hat dabei das Board Assessment?
Um einen effektiven Beitrag zu leisten, sollten die Mitglieder ein Minimum relevanten Wissens über das Unternehmensgeschäft erwerben und sicherstellen, dass sie genügend Zeit für die Firma reservieren. Die Agenda der Sitzungen sollte auch so zusammengesetzt sein, dass genug Zeit auf die wichtigsten zukunftsgerichteten Themen wie Strategie, Kultur, Executive Performance, ESG und Board Improvement verwendet wird. Für die Qualität des Austausches ist eine gesunde Atmosphäre essenziell. Diese setzt sich aus gegenseitigem Respekt, aus­geglichener Beteiligung sowie ermutigenden, konstruktiven Meinungsverschiedenheiten zusammen. Zu guter Letzt: Das regelmässige Board Assessment sowie die systematische Evaluation der Verwaltungsratssitzungen spielen eine tragende Rolle als Instrument zur Verbesserung der Zusammenarbeit.